Das Leben der Bilder
Biennale für aktuelle Fotografie mit sechs Ausstellungen in Heidelberg, Mannheim und Ludwigshafen - heute Abend Eröffnung in der Kunsthalle Mannheim
Von Julia Behrens
The Lives and Loves of Images: Klangvoll liest sich der Titel der Biennale für aktuelle Fotografie, die ab morgen in insgesamt sechs Museen und Kunstvereinen in der Metropolregion Rhein-Neckar startet. Das kulturelle Großprojekt versammelt alle zwei bis drei Jahre künstlerische Positionen aus dem Bereich der Fotografie und beleuchtet die Rolle des vielseitigen Mediums aus spezifischen Blickwinkeln.
Auch diesmal ist der Titel Programm, wie der diesjährige Leiter der Biennale, David Campany, erläutert. Denn es geht einerseits um das "Leben", das Fotografien in unterschiedlichen zeitlichen Zusammenhängen durchlaufen können, und andererseits um die "Liebe" zur Fotografie. Letztere stellt nach Meinung des englischen Kurators bei den meisten Menschen allerdings eine Mischung aus Faszination und Unbehagen dar und ist daher eine ziemlich ambivalente Angelegenheit.
Dass der Glaube an die dokumentarische Kraft der Fotografie tatsächlich trügerisch sein kann, beweist zum Beispiel die Ausstellung "Yesterday's News Today" im Heidelberger Kunstverein. Hier geht es um alte Pressefotografien, die gerade in den letzten Jahren im Internet günstig zu erstehen waren. Einige Künstler lassen diese Bilder nun in neuen Formaten wieder auferstehen. Doch jetzt sind die Fotos mit allen Retuschen zu sehen. Retuschen, die ursprünglich vorgenommen wurden, um die abgelichtete Realität zu manipulieren.
Ganz sicher nicht auf Ebay und Co zu haben sind die Aufnahmen des berühmten Fotografen Walker Evans (1903-1975). Seinem Werk und seiner Wirkung widmet die Mannheimer Kunsthalle die umfangreiche Schau "Walker Evans Revisited". Wie auch einige Arbeiten zeitgenössischer Künstler zeigen, bietet Evans eindringliches Portrait der amerikanischen Gesellschaft im 20. Jahrhundert bis heute Stoff zur Auseinandersetzung.
Im Museum Weltkulturen der Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen geht es ebenfalls um Ikonen der Fotografie. Dabei werden legendäre Aufnahmen ganz unterschiedlicher Urheber in den Blick genommen, neu kontextualisiert und bewertet. So sind in der Schau "Reconsidering Icons" aktuelle Positionen versammelt, die sich mit dem Phänomen befassen, dass einige Fotos fest im kollektiven Gedächtnis verankert sind.
Auf einer ähnlichen Ebene spielt sich auch die Schau "All Art is Photography" im Kunstverein Ludwigshafen ab. Darin wird das komplexe Verhältnis von Kunst und Fotografie konzeptuell unter die Lupe genommen. Viele Werke der bildenden Kunst erlangen erst durch die Fotografie einen hohen Bekanntheitswert, während die Fotografie an anderer Stelle selbst zum künstlerischen Medium wird.
Im digitalen Zeitalter ist die Ära des auf Papier fixierten Einzelbildes allerdings längst vorbei. Deshalb geht es im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen unter dem Motto "When Images Collide" um die Fotografie als serielles, oder collagiertes Element in den Arbeiten heutiger Künstler. Konsequenterweise kommen dabei auch Filmstills, Videos und Installationen zum Einsatz.
Zur problematischen Überschneidung von Kunst und Kommerz in der Fotografie nimmt schließlich die Ausstellung "Between Art and Commerce" im Port25 - Raum für Gegenwartskunst in Mannheim Stellung. Sie führt vor Augen, dass Fotografen häufig gleichzeitig in beiden Bereichen tätig sind oder waren.
Auch das ist sicherlich ein Grund dafür, dass die Betrachtung von Fotografie oft widersprüchliche Gefühle hervorruft.
28. Februar 2020 / Feuilleton - Rhein-Neckar-Zeitung