Funkelnde Juwelen, freche Stillleben und Köpfe aus Stahl

22.07.2021

Sommerausstellung "kollektiv" mit Malerei und Skulptur in der Galerie Kunst2

Dreimal Malerei, einmal Skulptur und eine ganze Palette kreativen Umgangs mit dem Abbild der Wirklichkeit: Auch in diesem Jahr hat die Galeristin Stefanie Boos in ihrer Sommerausstellung interessante Positionen zusammengeführt - und zwar Arbeiten von Sabine Tress und Lars Teichmann, die beide von ihr vertreten werden, sowie Werke von Isabelle Lafeuille und René Dantes. Im Rahmen von "kollektiv" zeigt sie in ihrer Galerie Kunst2, wie unterschiedlich die Grenzlinien zwischen Abstraktion und Realismus in der zeitgenössischen Kunst verlaufen können.

Sabine Tress malt zum Beispiel schon seit einiger Zeit gegenstandslos. Sie fokussiert sich in erster Linie auf die Materialität und Tonqualität von Farbe, hat keine vorgefertigten Bilder im Kopf und komponiert ihre Gemälde aus großen, übereinander gelagerten Pinselschwüngen. Erst beim fertigen Resultat kommt der Kölner Künstlerin eine Assoziation wie zum Beispiel "Taucherglocke" oder "Robo", die sie dann - oft ironisch - im Titel benennt.

Ihre Leinwände passen inhaltlich und farblich ganz wunderbar zu den "Köpfen" des Pforzheimer Bildhauers René Dantes. Der arbeitet vornehmlich abstrakt und geht dabei immer von der Figur aus, die bei aller Reduktion entfernt sichtbar bleibt. In seinen "Toolheads" aus Cortenstahl verschränkt der Künstler, der auch seine zahlreich im Südwesten vertretenen Skulpturen im Außenraum alle selbst anfertigt und dafür unterschiedliche Metallarten einsetzt, die Form von Haupt und Werkzeug, von Sujet und Utensil.

Eine fast schon freche Auseinandersetzung zwischen purer Malerei und Motivik zelebriert Lars Teichmann auf seinen Leinwänden. Schön zu sehen ist dies an einer Reihe aktueller Stillleben, die die orangefarbene Wand der Galerie zieren. Der Berliner Künstler deutet die jahrhundertealte Gattung zeitgenössisch um, türmt stark- und neonfarbene Früchte in Schalen auf oder verteilt sie zusammen mit Krügen und Vasen auf schwarzen Tischflächen und verwischt schließlich vieles bis zur Unkenntlichkeit. Es entsteht Bewegung, die sich - kombiniert mit poppigen Bildgründen - zwar sehr weit von der Reglosigkeit traditioneller Stillleben entfernt, den Vanitas- und Vergänglichkeitsaspekt aber in der Dunkelheit der Tischfläche wieder aufleben lässt.

Betrachtet man zuletzt die Kleinformate von Isabelle Lafeuille, die in einer Petersburger Hängung arrangiert wurden, bemerkt man, wie die Gegenständlichkeit hier noch einmal zunimmt: Ganz deutlich zeichnen sich in den Gemälden der in Berlin lebenden Französin Figuren und Hintergründe ab. Dabei bleiben die in Sepiafarben oder gedeckten Tönen gestalteten Zusammenhänge oft rätselhaft. Kleine optische Ausreißer wie neonfarbene Tupfer auf Antlitzen oder überraschende Akzente - wie das glühende Rot eines Juwels - bilden die nötigen Störfeuer, damit diese auf alten Aufnahmen basierenden Darstellungen nicht zu nostalgisch wirken.

Eine vielschichtige Schau, die durch die Einbeziehung eines skulpturalen Standpunkts - bislang waren nur in einer Ausstellung von Christofer Kochs im letzten Jahr dreidimensionale Arbeiten zu sehen - bereichert wird.

Am 22.07.21 im Feuilleton der Rhein-Neckar-Zeitung erschienen.