Keine einfache Gegenwart
Doris Erbacher und Jens Trimpin im Museum Théo Kerg Schriesheim
Man könnte die Ausstellung "simple present" von Doris Erbacher und Jens Trimpin einfach heiter abschreiten. Könnte sich im Museum Théo Kerg an der gewitzten Hängung der farbigen Wandobjekte von Erbacher erfreuen und an der dynamischen Gegenüberstellung mit Trimpins ungegenständlichen Skulpturen aus Marmor, Kalkstein und Granit. Man würde viel von der Leichtigkeit der Werke mitnehmen, vielleicht auch etwas von ihrem Raffinement. Aber es wäre schade, wenn man sich nicht die Zeit nähme, die Arbeiten näher auf sich wirken zu lassen, denn so simpel ist das nicht mit deren "einfacher Gegenwart".
Tom Feritsch, der heutige Leiter und Kurator des Schriesheimer Museums, kennt Doris Erbacher und Jens Trimpin schon lange. Alle drei sind künstlerisch in Mannheim tätig, wo Erbacher nach dem Tod der ehemaligen Museumsleiterin Lynn Schoene deren Atelier bezog. Erbacher und Trimpin stehen als Kollegen in regelmäßigem Austausch, treten jetzt aber zum ersten Mal mit ihren Werken in Dialog - und teilen einige gestalterische Wesenszüge. Das sei vor allem das Prinzip der Minimierung sowie das Spiel mit der Perzeption, der unmittelbaren Wahrnehmung, so Erbacher im Gespräch.
Auf der Basis der Reduktion auf ein kleines Maß und die Beschränkung auf wenige Mittel, sind ihre mit frischen Irritationen durchzogenen Holztafeln, ihre ungleich bemalten Keramiken und meditativen Zeichnungen mehr als abwechslungsreich. Denn die Heidelberger Künstlerin, die an der Kunstakademie in Stuttgart studierte und gerade häufig in der Region zu sehen ist, überzeugt durch eine hintersinnige, vielschichtige Arbeitsweise. Da tanzen kleine, leicht aus der Form ausscherende Rechtecke durch monochrome Flächen, mal ausgeschnitten, mal appliziert, sodass Gewissheiten von Vorder- und Untergrund ins Wanken geraten. Da suggerieren Farbflächen Räumlichkeit, die den Konturen des Trägers widersprechen und dadurch zu einer optischen Torsion führen. Immer gibt es diesen Widerspruch von Ordnung und Auflösung, der viel Spannung erzeugt und volle Konzentration in der Betrachtung einfordert.
Auch bei Jens Trimpin existieren exakt austarierte, oft ins Gegenteil der Erwartung laufende Ansätze. Seine glatt geschliffenen, kubenartigen Skulpturen heben geometrische und statische Prämissen aus den Angeln. Der Mannheimer Künstler, der unter anderem in Nürnberg studierte und heute vorwiegend in Frankreich ausstellt, konterkariert die Schwere des Steins mit einer in sich bewegten Sprache des Volumens. Und das rangiert - manchmal verwegen eckig, in sich verschoben und in Verneinung jedes rechten Winkels - in einem schon fast unwirklichen Bereich der Balance. Einige der Steinskulpturen, die der Bildhauer mit manuellen Werkzeugen aus dem Block schält, sind unten sogar minimal gerundet, sodass sie nur auf einer Ecke aufzuliegen scheinen und in der Lage sind, real zu rotieren.
Bei allem Purismus des Materials könnten die Exponate der Ausstellung "simple present" nicht ausgeklügelter sein. Es ist eine Freude zu sehen, wie individuell und sinnlich Erbacher und Trimpin darin grundsätzliche künstlerische Fragen diskutieren.
Feuilleton, RNZ vom 13.05.22