Konzentrierte Leichtigkeit
Konzentrierte Leichtigkeit
Doris Erbacher in Ausstellungsreihe schau an von +punkt. Kirche im Neuenheimer Feld
Verspielt wirken sie, luftig, aber auch eigensinnig, die roten Objekte von Doris Erbacher, die im +punkt. Kirche über eine markante Sichtbetonwand tanzen. Sie sind Teil einer Einzelausstellung, die gerade im Rahmen der von Hans Gercke kuratierten Reihe schau an in der Seelsorgeeinrichtung im Neuenheimer Feld zu sehen ist.
Alle vier Monate präsentiert der ehemalige Leiter des Heidelberger Kunstvereins vor Ort ausgesuchte Künstlerinnen und Künstler der Region - mit jeweils wenigen Werken, die dafür umso stärker in Erscheinung treten.
Das gilt auch für die insgesamt acht Arbeiten, die Erbacher in einer ganz besonderen Hängung quasi installativ verteilt. Dabei lässt sie die Exponate untereinander und bezogen auf den Raum agieren. Die willkommenen Löcher im Beton, der Boden, das starke Grün einer Rückwand, alles spielt eine Rolle.
Auf diese Weise zaubert sie beispielsweise aus den oben erwähnten vier roten Tafeln eine eigenartige Komposition, die mit ihrer alles umfassenden Dynamik fasziniert und irritiert: Die "Kästen", wie die 1953 in Bruchsal geborene Künstlerin sie nennt, besitzen die gleiche Form und doch einen eigenen Charakter, sie nähern sich an oder sondern sich ab. Das Verhältnis von Fläche und Linie ist immer wieder anders, es gibt Gemeinsames, aber keine Gesetzmäßigkeit. Bei näherer Betrachtung tun sich neue Perspektiven auf, einiges verkehrt sich sogar ins Gegenteil.
Das ist typisch für die Kunst der Heidelbergerin, die an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studierte und zwischenzeitlich lange in Berlin lebte. Mit feinsinnigem Minimalismus und konzentrierter Leichtigkeit schafft sie in jeder Arbeit ein Feld von Ambivalenzen, von visuellen Störfeuern, die viel Bewegung in die Rezeption bringen und hinsichtlich ihres Ursprungs spannende Entdeckungen bieten.
Rhein-Neckar-Zeitung, Feuilleton, 18.10.21