Selbstsicher durch Verlagsdickicht und Online-Dschungel

30.03.2021

Virtuelles Seminar der UB zeigt erfolgreiche Wege und Strategien zur Publikation von Dissertationen im geistes- und sozialwissenschaftlichen Bereich auf

Von Julia Behrens

Veröffentliche ich traditionell in Buchform oder publiziere ich online? Wann beginne ich, mir einen Verlag oder eine Plattform zu suchen? Welche Verlage eignen sich für mein Fach? Wie hoch sind die Kosten einer Publikation? Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es?

In Deutschland sind alle Promovierenden dazu verpflichtet, ihre Dissertationen zu veröffentlichen. Keine Publikation, keine Doktorwürde! Das wirft auch bei den derzeit etwa 8600 Promotionsstudenten an der Universität Heidelberg eine Reihe von Fragen auf.

Ausgesprochen hilfreiche und umfangreiche Antworten dazu liefert - im Bereich Geistes- und Sozialwissenschaften mit rund 1900 Doktorandinnen und Doktoranden - das Seminar "Erfolgreich Publizieren - von der Dissertation zum Buch", das von Dr. Martin Nissen in regelmäßigen Abständen an der Universitätsbibliothek angeboten und momentan online abgehalten wird.

Die UB bietet selbst gleich mehrere Publikations-Modelle für Angehörige der Universität Heidelberg an, in denen Forschungsergebnisse entweder nur elektronisch auf einer Open Access-Plattform (heiDOK) oder in unterschiedlichen Varianten als Buch- und Online-Version veröffentlicht werden können (heiUP/heiBOOKS).

"Man sollte das Seminar zum Anlass nehmen, sich grundsätzliche Gedanken darüber zu machen, was man mit der Promotion erreichen möchte" gibt Nissen den Teilnehmern vorab als Rat. Relevant sei die Frage, ob man eine Laufbahn an der Uni oder in einem wissenschaftsnahen Umfeld einschlagen oder die Forschungstätigkeit definitiv beenden und den Titel für andere berufliche Zwecke nutzen möchte. Das jeweilige Ziel sollte der Publikationsstrategie maßgeblich zu Grunde liegen. Der Seminarleiter weiß, wovon er spricht: Er ist promovierter Historiker und an der UB als wissenschaftlicher Bibliothekar und Fachreferent für Geschichte tätig.

Am besten sei es, so Nissen, die Publikation schon beim Schreiben der Arbeit in den Blick zu nehmen und bereits vor der Abgabe Kontakte zu Verlagen herzustellen. Auf diese Weise könnten etwaige Anforderungen mitberücksichtigt und ein unnötiger Zeitaufwand - zum Beispiel für mehrfache Korrekturdurchläufe - vermieden werden. Auch über die für eine Publikation unerlässlichen Aspekte wie Lektorat, Korrektorat, Umgang mit Bildrechten und Satz sollte man sich rechtzeitig Gedanken machen.

Der Seminarleiter konzentriert sich in seiner Darstellung auf drei Möglichkeiten der Veröffentlichung: Das gedruckte Buch (das von einigen Verlagen heute auch im Print-on-Demand-Verfahren angeboten wird), die Online-Veröffentlichung und die Hybrid-Lösung, die beides vereint. In den Geisteswissenschaften verspricht nach wie vor die Buchform akademisches Renommee. Druckerzeugnisse bieten gute Rezeptionsbedingungen, besitzen teils eine ästhetische Qualität und liefern ein repräsentatives Instrument zur Selbstvermarktung. Auf der anderen Seite ist die Herstellung mit viel Aufwand und oft mit hohen Kosten verbunden. Ein Buch im gängigen Format bewegt sich preislich im unteren und mittleren, vierstelligen Bereich, während eine aufwendige Produktion sogar einen fünfstelligen Umfang annehmen kann. Das ist bei reinen Online-Veröffentlichungen nicht der Fall. Sie sind in der Regel kostenfrei, haben eine gute Sichtbar- und Auffindbarkeit und können dadurch zum aktuellen Diskurs beitragen. Auch die Verwertungsrechte bleiben bei den Autoren. Allerdings gibt es hinsichtlich dieser Form Qualitätsvorbehalte und grundsätzlich eine geringere Akzeptanz im geisteswissenschaftlichen Bereich. Nissen empfiehlt daher die Hybrid-Publikation, in der das Buch entweder mit einer (für Autoren) kostenpflichtigen Open Access-Publikation vom gleichen Verlag, mit einem lizenzpflichtigen E-Book oder mit einer nachträglichen, kostenfreien Zweitveröffentlichung auf einem institutionellen Server kombiniert wird.

Soll es in jedem Fall das klassische Medium Buch sein, muss man wissen, dass die Gewinnmargen in der Wissenschaftsliteratur gering sind und meist erwartet wird, dass die Druckkosten für die Dissertation von den Doktoranden aus eigener Tasche bezahlt werden. Allerdings gibt es Fördermöglichkeiten, durch die sich die Finanzierung ganz oder teilweise abfedern lässt. Das können Gelder aus Forschungsprojekten oder Zuschüsse von Fördervereinen der eigenen Hochschule sein, Stipendien von Stiftungen oder Druckbeihilfen der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der VG Wort.

Tatsächlich entscheidet oft der Ruf des Verlags darüber, ob Gelder fließen. Auch für die eigene Reputation spielt der Name des Hauses eine entscheidende Rolle. Doch den richtigen Verlag auszumachen, kostet Zeit. Hier können die Fachreferenten der UB Heidelberg weiterhelfen und spezifisch beraten.

Hat man einen geeigneten Verlag gefunden, ist es ratsam, über Details wie Auflagen, Ladenpreis, Frei-, Beleg- und Rezensionsexemplare sowie die Aufgabenverteilung hinsichtlich Lektorat und Covergestaltung (liegt meist bei den Autoren) sowie Layout (liegt meist beim Verlag) zu verhandeln. Honorare sind unüblich und werden in der Regel nur ab einer bestimmten Anzahl verkaufter Bücher vergeben, wobei die Gesamtauflage selten 350 Exemplare übersteigt.

Ist die Publikation dann im Handel und der Titel in der Tasche, sollte man laut Nissen selbst zur Verbreitung des eigenen Erzeugnisses beitragen, beispielsweise in sozialen Netzwerken darauf hinweisen oder Redaktionen wissenschaftlicher Zeitschriften kontaktieren, damit die Arbeit umgehend und angemessen von der Fachwelt wahrgenommen wird. 

30. März 2021 / leicht gekürzt erschienen im Wissenschaftsteil der Rhein-Neckar-Zeitung