Symbolhaltiges Geflecht
Ibrahim Mahama im Mönchehaus Museum Goslar
Ein wenig vernarbt sehen sie aus. Und bunkerartig monolithisch: die Gebäude, die der afrikanische Künstler Ibrahim Mahama in eine Haut aus alten Jutesäcken steckt. Schon bei der Biennale in Venedig 2015, vor allem aber bei der documenta 14 im Sommer 2017 sorgte er damit für Aufsehen.
In Kassel nahm der 1987 in Ghana geborene Künstler mit der Verhüllung der zweiteiligen Torwache eine inhaltliche Verbindung zu seiner Heimat auf. Denn in der documenta-Stadt wurden Ende der 1950er Jahre Züge hergestellt, die in Ghana dem Transport von Rohstoffen dienten.
Wie stark der Künstler mit der Substanz des Jutesacks auch auf gegenwärtige Kapitalismusstrategien verweist, das zeigt jetzt eine Einzelausstellung im Mönchehaus Museum Goslar unter dem Titel Rubber Soul. Denn die Säcke dienen in Ghana dem Transport von Kakao, Kaffee, Reis und Holzkohle, Gütern, die anschließend nach Nordamerika und Europa exportiert werden. Dabei interessieren Mahama nicht nur die globalen Warenströme, sondern auch die Spuren des Gebrauchs durch die in die Lieferketten involvierten Arbeiter.
Den oft abgenutzten, zerschlissenen Stoff lässt er mal in seiner Heimat, mal am Ausstellungsort zusammennähen und beteiligt daran gern Geflüchtete. Auf derart kollektive Art schafft er auch Skulpturen und raumgreifende Objekte.
Im Mönchehaus Museum in Goslar sind nun Kollagen, Fotografien sowie drei große Installationen aus dem so real-sinnlichen wie symbolhaltigen Gewebe zu sehen.
kunst:art Nr. 97, Mai-Juni 2024