Von Menschen und Tauben
Alles in Bewegung in der Ausstellung Cooler Move! des uzwei im Dortmunder U
Mit Ratten kuscheln und Tauben verehren? Das kling seltsam. Wie eine Umkehr des angespannten Verhältnisses von menschlichen und tierischen Bewohnern in Städten. Doch genau das ist jetzt möglich: dank der interaktiven Ausstellung Cooler Move! in der uzwei, dem Zentrum für Kunst und Kreativität, im Dortmunder U.
Im Mittelpunkt der Schau steht das Thema Bewegung: Wie bewegen sich Mensch und Tier im urbanen Raum? Wie und wo begegnen sie sich dabei? Das sind Fragen, mit denen sich die Ausstellung zum Skaten, Schnüffeln und Reviermarkieren – so der Untertitel – ganz spielerisch befasst. Und dabei auch politisches Terrain betritt, wie die Kuratorin Aldina Okeric im Gespräch erklärt.
Um die unkonventionelle Aneignung von städtischem Raum geht es zum Beispiel in dem Kunstwerk Utopia 2.0 in Form eines Fingerboard-Parks, in dem man seine eigenen Skate-Skills testen kann. Die Arbeit erinnert an den legendären, vor zwei Jahren abgerissenen Skatepark Utopia am Dortmunder U, einem subkulturell wichtigen, selbstermächtigten Treffpunkt in der einstigen Industriemetropole.
In diesem Zusammenhang darf natürlich auch Graffiti als (ehemals) protestbehaftete und in jeder Hinsicht bewegte Spur der Kritik an urbanen Strukturen und Eigentumsverhältnissen nicht fehlen: Mit VR-Brille und virtueller Sprühdose dürfen Besucherinnen und Besucher ein Graffiti kreieren oder analog mit Lackstiften einen "Tag", sprich ein Signaturkürzel hinterlassen, und damit in der Schau ihr Revier markieren.
Das können die niedlichen Rollbretthunde aus Max Rüthers Dackelclub nicht. Die textilen Vierbeiner dürfen stattdessen mit dem Publikum in der uzwei und – bei speziellen Aktionen - auch mal auf der Straße Gassi gehen.
Dass die Stadt kein gemütlicher Ort für freilebende Tiere ist, versteht sich von selbst. Immer wieder gibt es Initiativen und Maßnahmen zur Bekämpfung unliebsamer Populationen. Dieser negativen Sichtweise begegnet die Ausstellung mit neuen Perspektiven und zeigt die sympathischen Seiten der Plagegeister auf. Sie lädt in einen Ruheraum mit plüschigen Nagetieren, deren lebendige Pendants sich gern im Rudel zusammenkuscheln und bietet einen Taubenschrein, in dem man den Vögeln auf Augenhöhe begegnen kann. Auch die erstaunlichen Wege von Ameisen spielen in Cooler Move! eine Rolle: Die Dortmunder Künstlerin Evelin Bracklow hat sie im Rahmen von Projekten in ihrem Ant Room im Unionviertel nachvollzogen und führt sie hier in Form von Fotos vor Augen.
Zahlreiche weitere Kunstwerke, Installationen und experimentelle Bereiche machen den Stadtraum auf ungewöhnliche Weise sichtbar. Viele Exponate stammen von professionellen Künstlerinnen und Künstlern, andere sind das Ergebnis von Workshops für junge Menschen, die vorab in der uzwei und deren urbanem Umfeld stattgefunden haben. Natürlich wird auch die Ausstellung von Aktionen, Führungen und Mitmachangeboten begleitet, die es ermöglichen, die eigene Umgebung neu wahrzunehmen.
kunst:art Nr. 98, Juli-August 2024